Wo Quereinsteiger richtig durchstarten können

Beruflicher Neustart mit Perspektive im ÖPNV

Wer sich beruflich neu orientieren will, findet im öffentlichen Personennahverkehr überraschend vielseitige Perspektiven. Hinter den Kulissen moderner Verkehrsbetriebe entstehen täglich Chancen für Menschen, die bereit sind, sich neu aufzustellen. Das betrifft längst nicht mehr nur das klassische Fahrpersonal. Auch Technik, Organisation, Kundenkontakt und Service bieten Platz für motivierte Quereinsteiger – mit solider Einarbeitung und sicheren Zukunftsaussichten.


Die Vielfalt beruflicher Einstiegsmöglichkeiten

Der ÖPNV öffnet die Tür für unterschiedliche Berufsprofile. In Verkehrsbetrieben finden sich Arbeitsplätze für Menschen mit technischem Verständnis, Organisationsgeschick, sozialer Kompetenz oder einem Händchen für Kommunikation. Viele Stellen sind auch ohne branchenspezifische Ausbildung zugänglich – vorausgesetzt, man bringt Lernbereitschaft, Zuverlässigkeit und Verantwortungsbewusstsein mit.

Eine gute Übersicht über aktuelle Einsatzfelder und realistische Einstiegsmöglichkeiten für Quereinsteiger findet sich hier.

Besonders gefragt sind Quereinsteiger derzeit in diesen Bereichen:

  • Fahrdienst: Bus- und Straßenbahnfahrer werden händeringend gesucht. Der Führerschein kann im Betrieb erworben werden. Die Ausbildung dauert meist wenige Monate.

  • Werkstatt & Technik: Wer aus Industrie, Handwerk oder Mechatronik kommt, findet hier solide Anschlussmöglichkeiten.

  • Kundendienst & Kontrolle: Freundliches Auftreten, Konfliktfähigkeit und Sprachkompetenz sind wichtiger als Vorerfahrung.

  • Verwaltung & Planung: Kaufmännisches Wissen, IT-Kenntnisse und Organisationstalent ermöglichen den Quereinstieg ins Backoffice.

Nicht jeder Job im öffentlichen Nahverkehr verlangt Vorerfahrung – diese Übersicht zeigt, welche Einstiegsmöglichkeiten es für Quereinsteiger gibt, welche Voraussetzungen sie erfordern und wie lange die Einarbeitung typischerweise dauert.

Einarbeitung technischer Quereinsteiger im Verkehrsbetrieb
Technischer Einstieg im Nahverkehr: Schulungssituation für neue Mitarbeitende

Welche Jobs eignen sich für den Quereinstieg in den ÖPNV?

Einstiegsmöglichkeiten für Quereinsteiger im ÖPNV – auf einen Blick

Bereich Einstiegsvoraussetzungen Dauer der Einarbeitung Besonderheiten / Perspektiven
Fahrdienst (Bus/Bahn) Mindestalter 21 Jahre, medizinischer Check, Führerschein wird gestellt 3–6 Monate mit Praxis und Theorie Hohe Nachfrage, verlässlicher Job, auch Teilzeit möglich
Werkstatt & Technik Technisches Verständnis, Ausbildung in Elektro, Kfz oder Mechatronik von Vorteil 1–3 Monate abhängig vom Einsatzbereich Gute Aufstiegschancen z. B. als Werkstattleiter oder Prüfer
Kundendienst & Kontrolle Kommunikationsstärke, Konflikttoleranz, gute Deutschkenntnisse 2–4 Wochen plus Begleitung im Einsatz Job mit viel Kontakt, auch für Migranten und Ältere geeignet
Verwaltung & Planung Kaufmännische oder organisatorische Vorerfahrung, MS-Office-Kenntnisse Einarbeitung im Büro, 4–8 Wochen Karriereweg über interne Fortbildungen möglich
IT & Digitalisierung Quereinstieg mit IT-Affinität, Datenverständnis, ggf. Weiterbildung nötig abhängig vom Jobprofil, meist mehrere Wochen Moderne Aufgaben in Verkehrsleittechnik oder Analyse
Quereinstieg als Busfahrer im ÖPNV
Fahrdienst als klassische Quereinsteigerrolle im öffentlichen Nahverkehr

Voraussetzungen: Was sollte man mitbringen?

Nicht jeder ist automatisch für jede Tätigkeit geeignet. Doch viele Jobs lassen sich auch mit mittlerem Bildungsabschluss, Berufswechsel oder längerer Berufspause erfolgreich meistern. Die wichtigsten allgemeinen Anforderungen:

  • Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit

  • Sicherer Umgang mit Menschen

  • Bereitschaft zu Schichtarbeit

  • Grundkenntnisse Deutsch in Wort und Schrift

  • Technisches oder kaufmännisches Grundverständnis (je nach Bereich)

Für Fahrdienste ist ein medizinisches Gutachten (z. B. Sehtest, Reaktionstest) erforderlich. Die Ausbildungskosten werden in vielen Fällen übernommen – teils auch mit Förderungen über die Agentur für Arbeit.

Perspektiven und Aufstiegschancen

Ein Quereinstieg bedeutet nicht Stillstand. Wer motiviert ist, kann sich in vielen Betrieben schnell weiterqualifizieren – etwa als:

  • Teamleiter im Fahrdienst

  • Werkstattkoordinator

  • Planer für Linien- oder Umlaufplanung

  • Sicherheitsbeauftragter oder Schulungsleiter

Zahlreiche Verkehrsunternehmen bieten Weiterbildungen im Betrieb, digitale Schulungsformate und gezielte Entwicklungsprogramme an – auch für neue Mitarbeitende ohne Vorerfahrung.

Was bedeutet der berufliche Wechsel in den Fahrdienst ganz konkret? Dieses persönliche Interview mit einer Quereinsteigerin zeigt, wie ein Neuanfang im ÖPNV tatsächlich aussieht – mit allen Herausforderungen und Chancen.

Karriereentwicklung durch Schulung im ÖPNV
Schulungsgruppe als Symbol für berufliche Entwicklung im ÖPNV

Erfahrungen aus erster Hand: So gelingt der Quereinstieg im Fahrdienst 🎤

„Ich hatte keinen Plan B – heute fahre ich mit Verantwortung“
Ein Quereinstieg in den Fahrdienst

Name: anonymisiert – wir nennen sie Sandra L.
Alter: 39
Vorberuf: Einzelhandelskauffrau
Heute: Straßenbahnfahrerin bei einem kommunalen Verkehrsbetrieb


Wie kam es dazu, dass Sie sich beruflich komplett neu orientiert haben?
Ich war viele Jahre im Einzelhandel, auch in Führungsposition. Aber irgendwann war klar: Ich kann das körperlich und psychisch nicht mehr lange durchhalten. Wochenendarbeit, ständig neue Filialleiter, kein Plan für die Zukunft. Ich wollte etwas mit Struktur, aber nicht in einem Büro.


Wie sind Sie auf den Fahrdienst gekommen?
Ehrlich gesagt: durch Zufall. Ich habe eine Anzeige bei der Arbeitsagentur gesehen – „Fahrer gesucht, auch ohne Führerschein Klasse D, Ausbildung wird übernommen“. Das war mein Einstieg. Ich hatte damals keinen Plan B.


Wie war die Ausbildung zur Straßenbahnfahrerin?
Intensiv. Es war viel Theorie: Technik, Signale, Vorschriften. Und dann Praxis mit Ausbildern – da fährt man ja erstmal im „Doppel“. Die Prüfung war stressig, aber machbar. Die Kollegen waren alle hilfsbereit. Ich war überrascht, wie viel Verantwortung man trägt.


Was war die größte Herausforderung beim Wechsel?
Der Schichtdienst. Früh um 4 Uhr anfangen oder bis nach Mitternacht fahren – daran musste ich mich gewöhnen. Aber ich wusste das vorher. Und: den großen Wagen zu steuern, allein durch die Stadt – das war anfangs respekteinflößend. Heute macht es Spaß.


Wie reagieren Freunde und Familie auf Ihren Jobwechsel?
Viele haben gesagt: „Du? Fahren?“ Aber als sie gesehen haben, wie strukturiert und zufrieden ich plötzlich war, kam eher Anerkennung. Mein Sohn sagt manchmal: „Meine Mama fährt die Bahn!“ Das ist süß.


Was schätzen Sie an Ihrem neuen Beruf besonders?
Ganz klar: die Verlässlichkeit. Ich weiß, wann ich arbeite, wie viel ich verdiene und was ich tun muss. Keine Verkaufszahlen, keine Zielvorgaben. Und: Ich bin für etwas Sinnvolles verantwortlich. Ich bringe Menschen sicher zur Arbeit, zur Schule, nach Hause.


Was würden Sie anderen Quereinsteigern raten, die überlegen, in den ÖPNV zu wechseln?
Einfach machen. Klar, es ist eine Umstellung – vor allem, wenn man aus einer ganz anderen Branche kommt. Aber man bekommt viel Unterstützung, auch als Neuling. Und wenn man Lust auf Verantwortung hat, ist das genau richtig.


Würden Sie den Schritt wieder gehen?
Ja. Zu hundert Prozent. Es war kein einfacher Wechsel, aber einer, der sich gelohnt hat.


Vergütung und Arbeitsbedingungen

Die Gehälter im ÖPNV sind durch Tarifverträge meist einheitlich geregelt. Das bietet Planungssicherheit. Im Fahrdienst starten Neueinsteiger je nach Region und Arbeitgeber mit einem Bruttogehalt von ca. 2.600 bis 3.200 Euro, zuzüglich Schicht- und Wochenendzuschlägen. Technische Berufe liegen je nach Qualifikation oft darüber. Verwaltungsstellen orientieren sich an tariflichen Entgeltgruppen.

Vorteile im Überblick:

Vorteil Beschreibung
Tarifbindung Klar geregelte Bezahlung, Urlaubstage und Arbeitszeit
Sicherer Arbeitsplatz Öffentliche Arbeitgeber mit langfristiger Perspektive
Arbeitszeitmodelle Teilzeit, Wechselschicht, familienfreundliche Lösungen
Vergünstigungen Jobticket, Zuschüsse, Betriebsrente, Gesundheitsangebote

Bewerbungstipps für Quereinsteiger

Die erste Hürde ist oft nicht das Können, sondern die Selbstdarstellung. Damit Ihre Bewerbung nicht untergeht, helfen diese Strategien:

  • Anschreiben gezielt auf Berufsumstieg ausrichten

  • Motivation klar benennen („Warum diese Branche?“)

  • Soft Skills betonen (Pünktlichkeit, Umgang mit Stress, technisches Verständnis)

  • Einarbeitungsbereitschaft signalisieren

  • Erfahrungen aus anderen Branchen als Plus darstellen

Viele Betriebe bieten mittlerweile auch Bewerbung ohne Anschreiben an – per Formular oder Telefoninterview.

Bevor Sie sich bewerben oder eine Schulung starten, lohnt sich ein ehrlicher Blick auf die eigenen Voraussetzungen – diese Checkliste hilft Ihnen dabei, die wichtigsten Anforderungen realistisch einzuschätzen.

Sind Sie bereit für den Quereinstieg? Machen Sie den Selbsttest ✅

Bin ich bereit für den Quereinstieg im ÖPNV?

Punkt
Ich bin bereit, in Schichten und ggf. am Wochenende zu arbeiten.
Ich bringe Pünktlichkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit mit.
Ich habe keine Berührungsängste mit Technik oder großen Fahrzeugen.
Ich kann gut mit Menschen umgehen – auch in stressigen Situationen.
Ich bin gesundheitlich in der Lage, eine Fahrerlaubnis für Bus/Bahn zu erwerben.
Ich bin offen für interne Schulungen und neue Abläufe.
Ich traue mir zu, neue Regeln und Vorschriften schnell zu lernen.
Ich suche einen langfristigen, sicheren Arbeitsplatz.
Ich kann mich mit einem systemrelevanten Job identifizieren.
Ich habe keine Vorbehalte gegenüber einem Einstieg in den öffentlichen Dienst.

Weiterbildung und Unterstützung beim Umstieg

Für viele Quereinsteiger ist die Unsicherheit vor dem „Neuanfang“ die größte Hürde. Doch zahlreiche Maßnahmen helfen beim Einstieg:

  • Umschulungen (finanziert durch Arbeitsagenturen oder Jobcenter)

  • Inhouse-Schulungen mit Mentoring

  • Praktika oder Probearbeiten zum Kennenlernen

  • Förderprogramme für Frauen, Migranten oder Ältere

Gerade in Fahrdiensten gibt es Programme, die gezielt ältere Bewerber oder Frauen ansprechen – mit verkürzten Einarbeitungszeiten oder Teilzeitoptionen.

Regionale Chancen: Es lohnt sich, vor Ort zu schauen

Die Nachfrage nach Mitarbeitenden variiert stark nach Region. In Ballungsräumen wie Berlin, Hamburg, München oder dem Ruhrgebiet suchen Verkehrsbetriebe aktuell in vielen Bereichen aktiv Personal. Auch ländliche Regionen mit ausgedünntem Nahverkehr setzen zunehmend auf flexible Arbeitsmodelle und Bewerbungen aus dem Quereinstieg.

💡 Tipp: Wer mobil ist, kann gezielt nach Regionen mit akutem Fachkräftemangel suchen – dort sind Einstieg und Karriere oft leichter möglich.

Zeit für den nächsten Schritt

Wer den Umstieg wagt, findet im Nahverkehr eine Branche mit klaren Strukturen, fairen Regeln und echten Entwicklungsmöglichkeiten. Der Einstieg gelingt auch ohne Vorkenntnisse – mit Lernbereitschaft, Durchhaltevermögen und einem offenen Blick für Neues. Für Quereinsteiger ist der ÖPNV kein Notnagel, sondern eine tragfähige Perspektive mit gesellschaftlicher Relevanz.

Bildnachweis:
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